Transparente Umweltbewertung und Nachhaltigkeitsanalyse des Schweizer Endverbrauchs
Als wissenschaftliche Grundlagenforschung verfolgte das OASES-Projekt das Ziel, zu einem besseren Verständnis der Auswirkungen vom Verbrauch privater Haushalte und von Lieferketten in der Schweiz beizutragen. Wir entwickelten neue und offene Methoden zur Bewertung der kritischen Ressourcen, für die Zusammenführung von Datenbanken sowie für das Verständnis und die Reduzierung von Ergebnisunsicherheit.
Hintergrund
Es existieren zwar Berichte, welche die Umweltauswirkungen und kritische Ressourcen in der Schweizer Wirtschaft untersuchen. Hierbei handelt es sich jedoch um Ad-hoc-Berichte, die sich schwer reproduzieren oder vergleichen lassen. Eine präzisere und vollständigere Analyse ist für ein breites Spektrum von Stakeholdern in der Schweiz allerdings von entscheidendem Interesse. Eine solche Dokumentation muss sowohl schweizerische als auch die globale Lieferketten detailliert abbilden, Unsicherheit quantifizieren und in Zukunft reproduzierbar und einfach zu aktualisieren sein.
Ziel
1) Entwicklung eines neuen Ansatzes, der eine Top-down- mit einer Bottom-up-Datenbank zum Energie- und Materialkreislauf kombiniert, um ein detailliertes und vollständiges Bild dieser Lieferketten und deren Auswirkungen auf die Umwelt zu erstellen; 2) Ergänzung um soziale Auswirkungen; 3) Ergänzung um kritische Ressourcen und potenzielle Lieferkettenunterbrechungen; 4) Entwicklung eines globalen Rahmens für Sensitivitätsanalysen, der diese Daten und Indikatoren effizient und präzise verarbeitet.
Resultate
Auswirkungen von Unterbrechungen der Ressourcenversorgung
Es wurde ein neuer Ansatz entwickelt, der eine Bewertung der länderspezifischen Auswirkungen von Versorgungsunterbrechungen in einer Technologie-Lieferkette ermöglicht. Dieser Ansatz wurde in einer Fallstudie auf in der Schweiz verkaufte Elektrofahrzeuge angewandt. Dabei wurden Hotspots sowie die Gesamtauswirkungen von Versorgungsunterbrechungen in den Kobalt- und Aluminiumlieferketten bewertet. Einige Ressourcen oder Prozesse waren bereits weitgehend bekannt, wie beispielsweise die Gewinnung von Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo. Zusätzlich konnten neue kritische Prozesse eruiert werden, wie etwa die Herstellung von Kabelbäumen aus Aluminium in Marokko. Die Unterbrechung der globalen Lieferketten für scheinbar gewöhnliche Ressourcen während der Covid-19-Pandemie zeigt den Nutzen unseres Ansatzes.
Open-Source-Ansatz zur weiteren Forschung
Ein Open-Source-Ansatz zur Zusammenführung von Ökoinventar-Datenbanken wurde entwickelt und auf ecoinvent und EXIOBASE angewandt. Die Verknüpfung einer vollständigen, aber hochaggregierten Datenbank mit detaillierten Prozessmodellen, die bestimmte Wirtschaftsbereiche abdecken, hat uns das bisher beste Gesamtbild über die Umweltauswirkungen des Ressourcenverbrauch von Schweizer Haushalten geliefert und die Priorisierung künftiger Massnahmen zur Verbesserung der Datenqualität ermöglicht.
Da unser Ansatz als Open-Source-Software verfügbar ist und offene ergänzende Daten verwendet, kann er auch in Zukunft von Forschenden und anderen Interessengruppen aktualisiert werden. Die geografische Auflösung unserer Eingabedaten erwies sich als nicht kompatibel mit der Datenbank für soziale Indikatoren und es konnte keine solide Analyse der sozialen Auswirkungen durchgeführt werden.
Globale Sensitivitätsanalyse
Wir entwickelten ein globales Verfahren zur Sensitivitätsanalyse, das grosse Datenbanken mit Hunderttausenden von Unsicherheitseingabeparametern effizient verarbeiten kann. Es kann auch korrelierte oder gruppierte Parameter sowie Unsicherheiten enthalten, die sich nicht an Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktionen anpassen lassen. Eine wichtige Neuerung war der Einsatz der iterativen Validierung bei den einzelnen Screening-Schritten, anhand derer nicht einflussreiche Parameter identifiziert und ausgeschlossen werden. Mit diesem Validierungsschritt können wir quantifizieren, wie gut unser reduziertes Modell die Ergebnisse des vollständigen Modells nachbildet.
Da dieser Prozess die Wiederverwendung von bereits berechneten Modellläufen ermöglicht, ist er zudem rechnerisch effizient. Ein Test auf Linearität des reduzierten Modells ermöglicht gegebenenfalls eine schnelle Berechnung der Korrelationskoeffizienten. Wenn nötig können mithilfe eines Algorithmus für maschinelles Lernen auch Sensitivitätsindexe berechnet werden. Das Verfahren ist in einer Open-Source-Software implementiert, die auf dem Open-Source-Framework für Ökobilanzen Brightway aufbaut.
Bedeutung für die Forschung
Die Entwicklung eines Kritikalitätsindikators auf der Grundlage detaillierter Lieferketten aus der BACI-Handelsdatenbank eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Ökobilanzdatenbanken. Eine enge Verknüpfung bereits existierender Datenbanken wie ecoinvent und EXIOBASE erwies sich als undurchführbar. Die Zusammenführung der ihnen zugrundeliegenden Eingabedaten könnte jedoch hilfreich sein. Die globale Sensitivitätsanalyse zeigt, dass dringender Bedarf an realistischeren und komplexeren Inventarmodellen und qualitativ hochwertigen Daten zur Unsicherheit besteht.
Bedeutung für die Praxis
Unsere Forschung zeigt, dass die Qualität der bestehenden Datenbanken und die Modellierung für die Erstellung einer soliden Ökobilanz (LCA) kritische Fragen aufwirft. Sensitivitätsanalysen sollten auf alle Ökobilanzstudien angewandt und die Datenqualität iterativ durch überarbeitete statistische Modelle und geografische Disaggregation verbessert werden. Wenn möglich sollten mehrere Datenbanken mit unterschiedlichen Datengrundlagen verwendet werden. Indikatoren für die Ressourcenkritikalität auf Basis offener Daten können für detaillierte Lieferketten berechnet werden.
Publikationen
Projektleitung
Dr. Christopher Mutel
Paul Scherrer Institut
Prof. Dr. Stefan Pauliuk
Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Deutschland
Dr. Patrick Wäger
Technology and Society Laboratory, EMPA
Projektpartnerschaften
Ecoinvest