Herausforderungen modularer Wasserinfrastrukturen
In diesem Projekt haben wir untersucht, ob und wie sich modulare, stärker dezentralisierte Infrastrukturen in eine nachhaltige Siedlungswasserwirtschaft der Zukunft integrieren lassen. Unser besonderes Augenmerk galt den strategischen Konsequenzen für Schweizer Regulierungsbehörden, Betreiber und Tech-Firmen in diesem Sektor.
Hintergrund
Die Siedlungswasserwirtschaft ist mit erheblichen Nachhaltigkeitsproblemen (Klimawandel, neue Schadstoffe, alternde Infrastruktur) konfrontiert. Dank neuester Technologien könnten zu ihrer Behebung weitaus mehr dezentrale und modulare Lösungen eingesetzt werden. Deren umfassender Einführung stehen jedoch noch beträchtliche regulatorische und betriebliche Herausforderungen entgegen. Um die Innovationsstrategien der diversen Akteurinnen und Akteure zu prägen, ist daher eine frühzeitige Einschätzung der möglichen Transformationsdynamiken unverzichtbar.
Ziel
Ziel des Projekts war eine Beurteilung der jüngsten technologischen Entwicklungen und der allgemeinen Dynamik in diesem Industriesektor, um herauszufinden, welche Rolle Schweizer Firmen in diesem aufstrebenden Wirtschaftsbereich spielen könnten. Wir wollten alternative Verwaltungsstrukturen für die Entwicklung, den Betrieb und die Regulierung dieser neuen Infrastrukturen untersuchen und Instrumente entwickeln, die es uns ermöglichen, den optimalen Übergang von einem aktuell zentralisierten zu einem künftig eher hybriden System zu bestimmen. Die Herausforderungen und Chancen auf diesem Weg sollten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bereich Wasserwirtschaft beurteilt werden.
Resultate
Modulare Wasseraufbereitungssystem in der Praxis
Modulare Wasseraufbereitungssysteme haben in den vergangenen Jahren einen starken Innovationsschub erlebt: Weltweit wurden neue Technologien zur Abwasserbehandlung und neue Konzepte zur Überwachung und Fernsteuerung, aber auch neue Geschäftsmodelle und Verwaltungskonzepte entwickelt. Darüber hinaus wird sowohl auf globaler Ebene als auch in der Schweiz immer öfter mit modularen Wasserinfrastrukturen experimentiert. Die ersten voll funktionsfähigen Systeme sind auf dem Markt verfügbar und werden bereits in der zivilen Gesellschaft sowie in Unternehmen und Städten erprobt.
Hohe Wasserqualität bei modularen Lösungen
Bei der dezentralen Abwasserbehandlung kann eine ebenso hohe Wasserqualität wie mit den zentralisierten Anlagen erreicht werden, während Sensortechnik und ferngesteuerte Systeme zuverlässige und profitable Geschäftsmodelle sowie leistungsstarke Verwaltungskonzepte ermöglichen. Zurzeit werden geeignete Verwaltungsstrukturen entwickelt, doch die aktuellen Möglichkeiten und Ressourcen der Versorgungsunternehmen, Eigentümerinnen und Eigentümer und Regulierungsbehörden sind noch nicht ausreichend.
Kosteneinschätzungen zu modularen Wasserinfrastrukturen
Kostenschätzungen für den Übergang zu hybriden Infrastrukturen in ausgewählten Schweizer Gemeinden zeigen, dass die Einführung von verfügbaren modularen Systemen schon heute wirtschaftlich wäre. Dies gilt nicht nur für weit abgelegene Siedlungen, sondern auch für städtische Randgebiete und innerstädtische Quartiere, wenn beispielsweise ehemalige Industriegelände saniert werden. Bei künftig sinkenden Kosten wird sich das Marktpotenzial modularer Wasseraufbereitungssysteme insgesamt verbessern.
Grosses Potential im Regenwassermanagement
Betreiber, Planer und Regulierungsbehörden im Sektor Siedlungswasserwirtschaft in der Schweiz halten diese Entwicklungen in Bezug auf ihre aktuellen und zukünftigen Investitionsentscheidungen für relevant. Sie weisen darauf hin, dass ein aktiveres Engagement für die modularen Alternativen bisher durch grosse Unwägbarkeiten und unklare Anreize verhindert wird. Sie sehen aber für die Zukunft ein beträchtliches Potenzial, vor allem im Zusammenhang mit neuen Konzepten für das Regenwassermanagement. Um die Früchte dieser Transition zu ernten, ist eine enge Koordination zwischen den einzelnen Parteien erforderlich. Gleichzeitig müssen uneinholbare Kosten und mögliche Problemverlagerungen in Zukunft vermieden werden.
Bedeutung für die Forschung
Unser Beitrag besteht in Studien zu den Themen Innovation und Verwaltung beim Übergang zu nachhaltigeren Konzepten. Wir haben eine neue Methodik für die Bewertung der Dynamik von soziotechnischen Transformationen entwickelt. Ausserdem trägt unser Projekt zu einem besseren Verständnis der für die Einführung hybrider Infrastrukturen notwendigen Verwaltungsstrukturen bei. Wir haben untersucht, wie gemischte Strategien und Kombinationen politischer Instrumente – d. h., wenn herkömmliche regulatorische und ökonomische Anreize durch prozessurale Instrumente wie Beteiligung und Verantwortung der Nutzerinnen und Nutzer ersetzt werden – den Übergang zu neuen Infrastrukturen erleichtern können und welchen Beitrag Basisinitiativen hierbei leisten könnten.
Bedeutung für die Praxis
In diesem Projekt haben wir zusammen mit unterschiedlichsten Anspruchsgruppen Szenarien für die mögliche Entwicklung modularer Infrastrukturen in der Schweiz erarbeitet. Von den Ergebnissen unserer Arbeit profitieren zukünftige Investitions- und Regulierungsstrategien, die eine nachhaltigere Wasserbewirtschaftung auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden anstreben. Wir haben darüber hinaus ein dynamisches Kostenberechnungstool entwickelt, das uns zeigen kann, wie der Übergang zu einer nachhaltigeren Wasserwirtschaft aussehen sollte, und das kommunale und kantonale Planungsbehörden bei ihren zukünftigen Investitionsplanungen unterstützt.
Publikationen
Kontakt
Projektleitung
Prof. Dr. Bernhard Truffer
Abteilung Umweltsozialwissenschaften, Eawag
Dr. Eva Lieberherr
Departement Umweltsystemwissenschaften, ETH Zürich
Dipl. Ing. André Müller
Ecoplan, Bern
Prof. Dr. Max Maurer
Abteilung Siedlungswasserwirtschaft, Eawag