Abstimmung von Ressourcenpolitik und Geschäftsstrategien im Bausektor
Da im Bauwesen grosse Materialmengen anfallen, schafft die Politik vielfältige Anreize zur Wiederverwertung von Bauabfällen. Tatsächlich kann der Baustoffkreislauf aktuell nicht geschlossen werden, denn die Menge anfallender Bauabfälle ist deutlich kleiner als der Baustoffbedarf. Hier ist die Kies- und Betonindustrie zukünftig gefordert und die Politik muss geeignete Rahmenbedingungen schaffen.
Hintergrund
Mineralische Baustoffe wie Kies sind ein wichtiger inländischer Rohstoff, aber seine Nutzung führt zu erheblichen Materialumsätzen und Materialtransporten. Das Schliessen der Materialkreisläufe bietet eine Lösung beides zu verringern. Bauunternehmen werden so zu Dienstleistern in der Materialbewirtschaftung und ihr Umsatz/Gewinn wird unabhängiger vom Rohstoffverbrauch.
Der aktuell stattfindende Umbruch in Richtung Kreislaufwirtschaft in der Baubranche bietet hier eine Chance. Auslöser sind Veränderungen der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in verschiedenen Politikfeldern, vor allem der Abfallwirtschaft.
Ziel
Das Projekt zeigt auf, wie man wirtschaftlichen Wandel und Veränderung rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen wirksamer aufeinander abstimmen kann. Damit wollen wir Akteuren und Akteurinnen aus Politik und Verwaltung aufzeigen, welche Massnahmen und Instrumente die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen fördern und den effizienten Einsatz mineralischer Rohstoffe unterstützen. Unsere Ergebnisse sollen Unternehmen der Bauwirtschaft helfen, ihre Geschäftsmodelle im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft weiter zu entwickeln.
Resultate
Die Analyse regionaler Wertschöpfungsketten von Kies und Beton zeigt die Bauplanung und -ausführung als Schlüsselprozess. Hier entsteht die grösste Wertschöpfung; umweltrelevante Entscheidungen werden getroffen und die wirtschaftlichen Risiken sind am grössten. Viele Bauunternehmen erweitern ihre Geschäftsstrategien daher um Aktivitäten der Materialbewirtschaftung (Produktion, Logistik, Recycling und Entsorgung).
In dicht bebauten Regionen mit hoher Bautätigkeit ist diese Tendenz am stärksten, denn das Bauwerk wächst vor allem in die Höhe und Tiefe. Daher übersteigt die Menge abzulagernden Materials (Aushub und mineralische Bauabfälle) in diesen Regionen die Nachfrage nach mineralischen Baustoffen. Diese Chance zur Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft im Bauwesen kann bisher jedoch nur teilweise genutzt werden.
Übersicht von Entwicklungshürden
- Knappes Ablagerungsvolumen senkt den Kiespreis: Da unverschmutzter Aushub bisher in leeren Kiesgruben abgelagert wird, führt die Knappheit an Ablagerungsvolumen zu tiefen Kiespreisen. Daher gibt es kaum ökonomische Anreize, Recycling-Kies durch Waschen von unverschmutzten Aushub oder Bauabfallrecycling herzustellen. Auf regionaler Ebene hat eine Kreislaufwirtschaft von mineralischen Baustoffen daher keine ökonomischen Vorteile.
- Interregionaler Handel erschwert die Steuerung: Eine regionale Knappheit von Kies oder Ablagerungsvolumen wird durch Importe aus anderen Regionen kompensiert. Ohne politische Anreize entwickelt sich in Regionen mit knappen Rohstoffen oder Landreserven daher keine Kreislaufwirtschaft. Eine verbesserte kantonsübergreifende Abstimmung könnte die Wirksamkeit der Politiken deutlich erhöhen. Kantone/Regionen mit aktuell wirtschaftlich starker Kies-, Zement- und Betonwirtschaft könnten so eine Schlüsselrolle beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft übernehmen.
- Hohe Risiken verhindern Lernprozesse: Das Bauwesen weist heute hohe Recyclingquoten auf. Wenn die Mengen an mineralischen Bauabfällen zukünftig stärker wachsen als die Nachfrage nach mineralischen Ressourcen, wird die Bauabfallverwertung anspruchsvoller und teurer. Um sinkende Recyclingquoten in einem solchen Szenario zu verhindern, müssen heute fragile Märkte für Sekundärressourcen aktiv gestützt werden.
Bedeutung für die Forschung
Dieses Projekt zeigt den Nutzen modellgestützter Analysen als Hilfsmittel in der Entwicklung einer regionalen Kreislaufwirtschaft. Es wurden ein systemdynamisches Modell und ein Bewertungsmodell entwickelt zusammen mit Interessenvertretern und -vertreterinnen aus der Praxis. Die Modelle ermöglichen eine Priorisierung von Handlungsfeldern, unterstützen Aushandlungsprozesse zwischen unterschiedlichen Interessen und tragen dazu bei, unerwünschte Folgen einzelner Politiken proaktiv auszugleichen. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur transdisziplinären Forschung.
Bedeutung für die Praxis
Das Projekt zeigt Handlungsfelder und Lösungsansätze für Gemeinden, Kantone und den Bund auf. Es zeigt, wie Massnahmen aus verschiedenen Politikfeldern koordiniert werden können, z.B. aus Raumplanung und Abfallpolitik. Die Ergebnisse unterstützen eine Priorisierung von Massnahmen in Bezug auf die gewünschten Wirkungen (z.B. Klimaschutz oder regionale Wirtschaftsförderung).
Das systemdynamische Modell ebenso wie das Bewertungsmodell können als Prototypen genutzt werden, um in Folgeprojekten zu entscheidungsunterstützenden Werkzeugen weiterentwickelt zu werden.
Publikationen
Projektleitung
Prof. Dr. Susanne Kytzia
Institut für Bau und Umwelt
Ostschweizer Fachhochschule
Prof. Dr. Rainer Bunge
Institut für Umwelttechnik
Ostschweizer Fachhochschule
Dr. Katrin Hügel
Institut für Modellbildung und Simulation
Fachhochschule St. Gallen
Dr. Christian Opitz
Institut für Operations Research und Computational Finance
Universität St. Gallen
Alexander Scheidegger
Institut für Modellbildung und Simulation
Fachhochschule St. Gallen
Projektpartnerschaften
Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Baudirektion des Kanton Zürich
Eberhard Group
Energie und Ressourcenmanagement GmbH
JMS Group
KIBAG
LafargeHolcim
Logbau AG
Merz Group
MOAG
Richi Weinigen
Spross Group
Toggenburger