Klimaneutrale Mobilität ohne wirtschaftliche Einbussen
Vereinbarkeit von Wohlstand und klimafreundlicher Mobilität
Wir untersuchen die wirtschaftlichen Auswirkungen und das Potenzial zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Schweizer Verkehrssektor auf der Grundlage von drei Szenarien und einer Kombination dieser Szenarien: (1) verbesserte Treibstoff- und Antriebstechnologien und Förderung von Elektrofahrzeugen, (2) bessere Auslastung von Privatfahrzeugen und (3) stärkere Verlagerung zu öffentlichen Verkehrsmitteln.
Beim optimalen Szenario bis 2050 steigt der Wohlstand leicht, während die CO2-Emissionen auf 1,7 Mio. Tonnen zurückgehen, im Gegensatz zu 6 Mio. Tonnen CO2 beim Referenzszenario. Zentral ist zum Erreichen der vollständigen Klimaneutralität neben wirtschaftlichen Massnahmen ein Verbot von Fahrzeugen mit fossilen Treibstoffen. Dies beschleunigt nicht nur die Verbreitung von Elektroautos, sondern bietet auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Produktion und den Kauf von Fahrzeugen.
Hintergrund
In der Schweiz trägt der Verkehr erheblich zu den Treibhausgasemissionen bei, und im Gegensatz zu anderen Sektoren ist hier kein Abwärtstrend festzustellen. Zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels müssen Emissionen in diesem Sektor substanziell reduziert werden.
Dieses Projekt schliesst eine Forschungslücke, indem für die Schweiz verschiedene Szenarien zur Reduktion von klimaschädlichen Emissionen im Verkehr entwickelt und analysiert werden. Der Fokus liegt dabei auf dem Passagierverkehr. Die Szenarien werden mit einem Multi-Modell-Rahmen analysiert, bei dem ein Angewandtes Allgemeines Gleichgewichtsmodell (CGE-Modell) mit zwei externen Verkehrsmodellen verknüpft wird.
Es werden drei allgemeine Ansätze zur Verringerung von klimaschädlichen Emissionen unterschieden (Ökoinstitut et. al. 2016):
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Optimierte Technologie: bessere Treibstoff- und Antriebseffizienz in Richtung (weitgehend) klimaneutraler Technologien.
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Bessere Fahrzeugeffizienz: höhere Belegung und Auslastung.
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Verlagerung: Verlagerung und multimodale Nutzung von anderen (weniger CO2-intensiven Verkehrsmitteln wie Bahn, neue Verkehrssysteme, Velo usw.)
Ziel
Das Projekt im Rahmen des NFP73 des Schweizerischen Nationalfonds erforscht diesen Weg genauer und soll folgende Fragen beantworten:
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Welche wirtschaftlichen Effekte haben die verschiedenen Ansätze zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen auf den Passagierverkehr in der Schweiz?
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Welcher Reduktionsmix hat in der Schweiz die günstigsten wirtschaftlichen Auswirkungen?
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Welche Instrumente braucht es für eine Emissionsreduktion im Passagierverkehr für ein optimales Verhältnis zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen?
Resultate
Klare Schlussfolgerungen basierend auf drei Szenarien
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Eine Emissionsreduktion im Verkehr mit positiven wirtschaftlichen Effekten ist möglich. Die externen Kosten des Verkehrs gehen durch die Emissionssenkung zurück, da die Anpassungskosten tiefer sind und es weniger Eindämmungsmassnahmen braucht.
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Der technische Ansatz für die Elektrifizierung von Fahrzeugen ist sehr wichtig, wird jedoch zum Erreichen der angestrebten Emissionsreduktion ganz klar nicht ausreichen. Vielmehr braucht es zusätzliche Anstrengungen in Form von Effizienzsteigerungen und Optimierungen durch eine optimale Kombination der oben erwähnten drei Ansätze.
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Selbst die optimale Kombination der drei analysierten Ansätze wird nicht zu einer vollständigen Klimaneutralität im Schweizer Verkehr führen. Der Zielbeitrag bis 2050 beträgt 80 %.
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Es sind darüber hinaus griffigere Massnahmen notwendig. Damit das wichtigste Element der Strategie zur Emissionsreduktion schneller erreicht wird – die Förderung von Elektrofahrzeugen – braucht es ein Verbot von Fahrzeugen mit fossilem Antrieb. Dies bringt Investitionssicherheit in die Produktion und den Kauf von Fahrzeugen und beschleunigt die Marktsättigung bei E-Fahrzeugen. Das Klimaziel für 2050 kann mit einer Kombination der drei Ansätze realisiert werden.
Die nachfolgende Tabelle und Grafik zeigen die grössten im Modell quantifizierten wirtschaftlichen Effekte.
Der resultierende wirtschaftliche Indikator ist der gesellschaftliche Wohlstand, basierend auf Realeinkommen/BIP sowie dem Nutzen aus mehr Freizeit und Möglichkeiten dank reduzierter Verkehrsnachfrage.
1 Wir nehmen hier immer an, dass die notwendigen Anstrengungen in anderen Ländern ebenfalls gemacht werden, womit ein globaler Beitrag entsteht.
Indikator / Wert 2050 | Referenz | Szenario 1 | Szenario 2 | Szenario 3 | OPT 1 | OPT 2: |
| Wie bisher | KAPAZITÄT | VERLAG. | TECHNIK | Kombinat. | OPT 1 plus Verbot |
Anzahl Privatautos | 5.2 Mio. | 3.7 Mio. | 3.8 Mio. | 5.2 Mio. | 2.7 Mio. | 2.7 Mio. |
Anteil Elektroautos an allen Fahrzeugen | 35% | 35% | 35% | 65% | 65% | 96% |
Energiebedarf Elektroautos (TWh) | 5.1 | 3.6 | 4.5 | 9.7 | 5.2 | 6.6 |
Nettoimport Strom (TWh) | 7.0 | 5.0 | 5.6 | 9.9 | 5.6 | 6.7 |
Verkehrsleistung, | 110 Mrd. | 110 Mrd. | 86 Mrd. | 106 Mrd. | 76 Mrd. | 74 Mrd. |
Transportleistung, | 37 Mrd. | 38 Mrd. | 60 Mrd. | 38 Mrd. | 63 Mrd. | 47 Mrd. |
CO2-Emissionen | 5.4 | 3.9 | 4.0 | 2.7 | 1.1 | 0 |
Anteil Berufsverkehr (Geschäftsreisen und Pendler), |
| -0.4% | -0.1% | -0.4% | -0.5% | -0.2% |
Anteil Freizeitverkehr, gegenüber Referenz |
| +0.5% | +0.1% | +0.4% | +0.7% | +1.0% |
Pro-Kopf-Verbrauch, gegenüber Referenz |
| -0.3% | -0.5% | -0.6% | -1.1% | 0% |
Nettoimport, gegenüber Referenz |
| -0.3% | -0.2% | 0% | -0.5% | -1.3% |
Reduktion gegenüber Referenz |
| +0.7% | +0.2% | +0.4% | +1.0% | +1.3% |
BIP gegenüber Referenz |
| 0% | -0.2% | -0.2% | -0.3% | +0.2% |
Sozialer Wohlstand geg. Referenz |
| +0.7% | +0.3% | +0.4% | +1.0% | +1.4% |
KAPAZITÄT: Kapazitätsauslastung
VERLAG.: Verlagerung zu öffentlichem Verkehr,
TECHNIK: Bessere Treibstoff-/Antriebstechnologie und Förderung von Elektroautos,
OPT1/OPT2: optimale Szenarien. OPT1 kombiniert die spezifischen Ansätze der Szenarien; OPT2 beinhaltet ein Verbot von fossilen Treibstoffen zum Erreichen des CO2-Ziels
E-Autos: Elektroautos
Pkm: Passagierkilometer
TWH: Terawattstunden.
Tabelle INFRAS/ETHZ.
Abbildung 1: Schlüsselkriterien der Szenarien zur Emissionsminderung im Passagierverkehr bis 2050.
Bedeutung für die Forschung
In diesem Projekt entwickeln wir ein umfassendes wirtschaftliches Modell für die Schweiz mit hohem Desaggregationsgrad zum Passagierverkehr. Der wissenschaftliche Beitrag und die Besonderheit unseres Ansatzes sind:
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Die Kombination von Verkehrsmodellen mit einem Angewandten Allgemeinen Gleichgewichtsmodell (CGE-Modell).
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Die Erweiterung wirtschaftlicher Indikatoren über das BIP hinaus durch die Integration der Freizeitkomponente (was den klassischen Ansatz für den Mehrwert ebenfalls erweitert).
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Der Optimierungsansatz von Extremfallszenarien zu optimalen Kombinationen.
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Explizite Modellierung der wichtigen Kopplung zwischen den Sektoren Verkehr – Produktion erneuerbarer Energien.
Bedeutung für die Praxis
Die Ergebnisse sind von direktem Nutzen für die klimapolitische Debatte im Verkehrsbereich. Es ist offensichtlich, dass die wirtschaftliche Dimension erweitert werden muss: von einem klassischen BIP-Ansatz zu einem universellen Indikator für den Wohlstand, der alle relevanten Aspekte einschliesst. Es wird deutlich, dass eine wirtschaftlich vorteilhafte höhere Kapazitätssteigerung, aber auch Verbote bei der Suche nach der optimalen Position zwischen Effizienz und Effektivität wirksam sein können. Dies bedeutet, dass zur Emissionsminderung im Verkehrssektor nicht nur wirtschaftliche Instrumente erforderlich sind, sondern ein Mix aus verschiedenen Instrumenten.
Publikationen
Projektleitung
Markus Maibach
INFRAS
Martin Peter
Managing Director INFRAS