Nachhaltiges Konsumverhalten
Wenn Konsumentinnen und Konsumenten Anreize zur Reduktion des Warmwasserverbrauchs erhalten, heizen sie dann auch weniger? Verhalten sich Personen, die motiviert werden, das Auto seltener zu nutzen, auch in anderen Bereichen nachhaltiger? In diesem Projekt untersuchten wir, ob die nachhaltigere Nutzung einer bestimmten Ressource auch mit nachhaltigerem Verhalten in anderen Bereichen einhergeht oder ob das Gegenteil der Fall ist.
Hintergrund
Vielfältige ökonomische und psychologische Massnahmen zielen darauf ab, eine nachhaltige Ressourcennutzung zu fördern. Die Wirksamkeit solcher Massnahmen wurde bisher vor allem isoliert untersucht, ohne Berücksichtigung der Auswirkungen auf andere, nicht direkt geförderte Bereiche. Solche «Nebenwirkungen» werden als Übertragungseffekte oder Spillover bezeichnet. Sie können positiv sein (mehr nachhaltiges Verhalten in anderen Bereichen natürlicher Ressourcen), negativ (weniger nachhaltiges Verhalten in anderen Bereichen) oder neutral.
Ziel
Mit diesem Projekt wollten wir drei Hauptfragen beantworten:
· Welche Massnahmen erzeugen positive Spillover-Effekte oder verhindern negative?
· Welche Faktoren erklären das Vorhandensein, die Richtung und die Intensität von Spillover-Effekten?
· Welche Bereiche der Nutzung natürlicher Ressourcen haben Potenzial für Spillover?
Resultate
Analyse des nachhaltigen Konsumverhaltens in verschiedenen Settings
Wir führten Feldanalysen, Laborexperimente und Befragungen in verschiedenen Settings in der Schweiz und in Singapur durch. Dabei beobachteten wir das Konsumverhalten in Haushalten, Hotelzimmern, Studentenheimen, Geschäften und im Labor sowie bei der Mobilität. Wir testeten vielfältige Massnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Konsumverhaltens: Feedback zum Konsum, Tipps zum Umweltschutz, Ziele setzen, soziale Vergleiche, finanzielle und ökologische Anreize, Nachhaltigkeitslabels, Appelle an die soziale Identität und die sozialen Normen, moralische Anreize sowie Default-Auswahlstrategien oder Wettbewerb.
Nachhaltiges Verhalten mit Korrelationen und Spillover-Effekten
Unabhängig von der Art der Massnahme ergaben unsere Studien keine Hinweise darauf, dass insgesamt negative Spillover-Effekte resultieren. Positive Spillover-Effekte wurden bei gewissen Massnahmen und in gewissen Bereichen festgestellt. Zum Beispiel beobachteten wir in einem Feldexperiment mit 782 Wohnblöcken in der Schweiz, dass neben dem Warmwasser- auch der Kaltwasserverbrauch und das Heizen durchgängig reduziert wurden. Ein weiteres Feldexperiment mit einem Wettbewerb mit Geldpreis zeigte, dass die Teilnehmenden nicht nur weniger Strom verbrauchten, sondern auch weniger Wasser. Auch nicht-monetäre Anreize bewirkten ein nachhaltigeres Verhalten, dieses war aber im Allgemeinen nicht so ausgeprägt, dass es mit positiven Spillover-Effekten einherging. Starke Treiber für positive Spillover scheinen Umweltidentitäten von Personen sowie die Verbundenheit mit der Umwelt zu sein. Hilfreich ist auch, mehrere Wahlmöglichkeiten mit prosozialem Verhalten über eine längere Zeitdauer vorzuschlagen, damit sich die Betroffenen nicht alternativ nur für eines davon entscheiden.
Daten aus anfänglichen explorativen Studien sowie aus späteren vertieften Studien weisen darauf hin, dass die Bereiche Strom, Wasser und Heizen eng miteinander verbunden sind und die Wahrscheinlichkeit für Spillover-Effekte gross ist. Hingegen scheint das Mobilitätsverhalten keinen Zusammenhang mit anderen umweltbezogenen Verhaltensweisen aufzuweisen.
Bedeutung für die Forschung
Unser Projekt trägt zur Literatur über Spillover-Effekte im Zusammenhang mit der Nutzung natürlicher Ressourcen bei. Unsere Analysen, die ein breites Spektrum von Ressourcen und Massnahmen umfassten, ergaben kaum empirische Hinweise auf negative Spillover-Effekte. Dieses klare Ergebnis hat angesichts der methodologischen Genauigkeit unserer Studien eine hohe Relevanz. Wir stützten uns hauptsächlich auf Daten zum tatsächlichen Verhalten der Menschen (und nicht auf Selbsteinschätzungen).
Bedeutung für die Praxis
Es ist wichtig, dass Anreizmassnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen keine negativen Spillover-Effekte hervorrufen. Anders als bisher angenommen führen Massnahmen, die Menschen zu prosozialem Verhalten motivieren, nicht zwangsläufig zu negativen Nebeneffekten. Die Aktivierung des Selbstbildes als umweltfreundliche Person scheint bei den Menschen positive Spillover-Effekte zu begünstigen. Hilfreich für diese Aktivierung ist es, wenn mehrere Bereiche einen nahen Bezug zueinander haben, wenn nur geringe Anstrengungen für eine Verhaltensänderung notwendig sind und wenn Informationen über die Effekte von Verhaltensänderungen abgegeben werden.
Publikationen
Projektleitung
Prof. Dr. Renate Schubert
ETH Zürich