Abgeschlossenes NFP 73 Forschungsprojekt: Zielkonflikte in der Forstwirtschaft

13.09.2022

Der Übergang zu mehr Nachhaltigkeit erhöht die Ansprüche an den Wald

Der Wald trägt wesentlich zu einer nachhaltigen Wirtschaft bei z.B. durch die Bereitstellung von erneuerbaren Ressourcen, aber auch über Kompensationsleistungen, damit andere Sektoren ihre mangelnde Nachhaltigkeit verbessern können. Damit der Wald die vielfältigen Leistungen, die von ihm erwartet werden, auch erfüllen kann, muss er nicht nur gezielt bewirtschaftet werden, er muss auch in seiner Fläche erhalten bleiben.

Mit dem Übergang zu einer nachhaltigeren Gesellschaft steigen einerseits die Ansprüche an die Waldbewirtschaftung. Die Befragung von Waldeigentümern und weiteren Akteuren der Waldwirtschaft und -politik zeigt, dass diese Regulierungen zur Abwehr erhöhter Ansprüche anderer Sektoren an den Wald grundsätzlich befürworten, eine stärkere Regulierung der Waldbewirtschaftung selbst jedoch eher ablehnen.

Andererseits kann vor allem in dicht besiedelten Gebieten auch eine Landnutzungskonkurrenz entstehen. Die Untersuchung von Waldrodungsgesuchen zeigt, dass vor allem im Mittelland und in den Alpen der Flächenanteil von Rodungen für Projekte einer im weiteren Sinne nachhaltigen Wirtschaft leicht zunimmt (z.B. Geothermie, Wind- und Wasserkraft, Langsamverkehr, Recycling). Dieser Anteil ist zwar noch klein, dennoch ist die Erkenntnis, dass auch die nachhaltige Wirtschaft Flächen beansprucht und somit zur Flächenkonkurrenz beiträgt zentral. Experten bestätigen, dass Landnutzungskonflikte mit anderen Wirtschaftssektoren inzwischen eine wichtige Rolle spielen.

Die steigenden Ansprüche einer nachhaltigen Wirtschaft eröffnen allerdings auch neue Einkommensquellen für die Waldwirtschaft. Diese ergeben sich oft aus Kompensationsleistungen, die anderen Wirtschaftssektoren die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen erleichtern. Ein prominentes Beispiel dafür ist die Speicherung von Kohlenstoff in Bäumen (Waldsenke) und in Holzprodukten (Holzsenke). Die Befragung von Waldeigentümern ergab, dass eher die grösseren unter ihnen auch tatsächlich dazu bereit sind, die Holzproduktion zur Erbringung solcher Kompensationsleistungen einzuschränken, vorausgesetzt diese lassen sich gewinnbringend vermarkten.

Die Empfehlungen sind, dass bei Projekten einer nachhaltigen Wirtschaft Waldrodungen und deren Auswirkungen in die Nachhaltigkeitsbewertung einbezogen werden müssen. Kompensationsleistungen der Waldwirtschaft werden einfacher umzusetzen sein, wenn sie nicht mit einem zu starken Verzicht an Holzernte einhergehen. Zur Kohlenstoffspeicherung wird entsprechend die Ausrichtung der Waldbewirtschaftung auf eine Holzsenke bevorzugt. Dennoch besteht gerade auch für die Umsetzung einer dauerhaften Speicherung von Kohlenstoff im Wald (Waldsenke) ein gewisses Potenzial.

Grundsätzlich sollte aber eine nachhaltige Wirtschaft nicht darauf vertrauen, Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch unbegrenzt über Kompensationsleistungen des Waldes (z.B. CO2-Speicherung) einzukaufen, da die Leistungsfähigkeit des Waldes aber auch die Bereitschaft der Waldeigentümer ihre Grenzen hat.

 


Dr. Tobias Schulz
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
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